Als Edward Kennedy „Duke“ Ellington am 24. Mai 1974 in New York starb, trauerte die globale Jazzgemeinde. Mit dem Pianisten, Komponisten und Bandleader verlor die Musikwelt nicht nur jemanden, der zwischen fünfzehn(!) Ehrendoktorhüten wählen konnte und dem fünf Ehrenbürgerschaften angetragen wurden. Ellington hinterließ als vielleicht einflussreichste Persönlichkeit des Jazz ein unvergessliches Stück Musik-Geschichte. Joachim Ernst Berendt schrieb damals über ihn: „Ellington war – und ist – genauso wichtig für die Kunst des 20. Jahrhunderts wie Strawinsky oder Schönberg, wie Picasso oder Kandinsky, wie James Joyce oder Proust oder Kafka, wie Louis Armstrong oder Charlie Parker: wie alle großen Persönlichkeiten, die dieses Jahrhundert geprägt haben und die uns jetzt verlassen haben um Platz – geistigen Platz – für eine neue, zukünftige Ära zu machen“.
In diesem Jahr jährt sich nun zum 45. Mal der Todestag Ellingtons. Zugleich wurde er am 29. April vor 120 Jahren geboren. Grund genug, sich in einer ganzen Reihe von Neuveröffentlichungen von namhaften Musikern unterschiedlichster Jazz-Coleur vor dem großen Meister zu verbeugen.
Saxophonist Michael Hornstein hat entsprechend dieser Tage eine Duo-CD herausgebracht, mit dem passenden Titel „Ellington Now“. Die zwölf Kompositionen, natürlich alle aus der Feder des Duke, sind ein Bekenntnis des Münchners zur Tradition des Jazz. Aber auch wenn Stücke wie „I Got It Bad“, „Day Dream“ oder „Chelsea Bridge“ mittlerweile etliche Jahrzehnte alt sind, klingen die Titel frisch und modern, glänzen durch ihre harmonische Struktur, die zeitlosen Melodien und die scheinbare Leichtigkeit, die die Originale auszeichnen.
Michael Hornstein hat sich als Partner für diese Einspielung den Pianisten Oliver Hahn ins Studio geholt. In dieser Duo-Besetzung bekommen die Kompositionen eine Spur Intimität, einen Hauch Vertrautheit. Beide loten die Vorgaben aus, bringen zusätzlich ihre eigenen Persönlichkeiten und Ideen mit ins Spiel. So verwandeln sie Standards beinahe in originale Kompositionen, lassen neben lyrischer Verbundenheit auch Momente der Hochspannung aufblitzen.
Michael Hornstein balanciert wunderbar elegant auf dem Hochseil des Jazz, welches straff zwischen Tradition und Moderne gespannt ist. Selbst Ohrwürmer wie „Caravan“ oder „In A Sentimental Mood“ gestaltet er erfrischend, gibt den fast totgespielten Melodien eine vitale Introvertiertheit. „Ellington Now“ macht mit Michael Hornstein und Oliver Hahn überdeutlich, warum diese Schlachtrösser des Jazz einfach nicht umzubringen sind. Neben der Schönheit dieser Songs zeigt sich an ihnen auch, wer über die Grundlagen der Standards hinaus eben noch etwas eigenes mitzuteilen hat.
Jörg Konrad, in Kulturkomplott, 29.04.2019
Cafe del Mar, Vol 17
Wahre Qualität erreicht man, indem man gute Konzepte nicht für den schnellen kommerziellen Erfolg ausschlachtet. Aus diesem Grund erwarten Fans schon Wochen im Voraus sehnsüchtig die Eröffnung der Partysaison auf Ibiza und, damit verbunden, die Veröffentlichung der jährlich erscheinenden „Café del Mar“-Compilation.
Denn dann ist Sommer. Das hört man und das fühlt man. Café del Mar ist mehr als Strand und Palmen. Café del Mar berührt die Seele. Die Musik in eine Schublade zu stecken ist im Prinzip nicht möglich, sie umfasst Elemente von House, Ambient, Trance, Jazz, Pop, Latin und alles, was den Produzenten gerade in den Sinn kommt. Und trotz der unglaublichen Mischung an Stilrichtungen ist das Ergebnis immer homogen und einfach nur traumhaft schön.
Aus dieser Symbiose von Musik einzelne Titel hervorzuheben, kommt eigentlich einer Sünde gleich, dennoch sind unsere Anspieltipps das exotische und sehr tanzbare „Mani In Da House“ von Paco Fernández und „Boom Boom“ von Michael Hornstein, das den Hörer durch die Einbindung gregorianischer Gesänge zurück in die besten Zeiten der 80er Jahre versetzt.
Hans Hielscher auf Spiegel Online zu Summertime Opium am 6.1.2010
Summertime“ mit elektronischen Beats
Ein Beispiel dafür, wie Standards als Fundgrube und Anregung genutzt werden können, ist die CD „Summertime Opium“ des Münchners Michael Hornstein. Der Tenorsaxofonist mit dem urigen Ton beherrscht die Tricks der elektronischen Lounge Music. So nutzt er Effekte des 21. Jahrhunderts, wenn er mit seinem Quartett über Standards wie das fast hundert Jahre alte „Bésame Mucho“ und Gershwins „Summertime“ improvisiert.
Von Katja Sebald zu Summertime Opium im Münchner Merkur 14.12.2009
Eigentlich, so könnte man meinen, hat Michael Hornstein einfach ein paarJazz-Standards eingespielt. Aber wie hat er sie eingespielt! Der aus Gauting stammende Saxofonist hat sich dafür mit dem Pianisten Walter Lang, dem Bassisten Manolo Diaz und dem Schlagzeuger Walter Bittner nicht nur drei hervorragende Musiker auf die Bühne geholt – er hat „Summertime und Konsorten“ erst einmal ziemlich gründlich entrümpelt und danach ziemlich frech aufgemöbelt. Das Ergebnis ist seine neue CD „Summertime Opium“, ein Konzertmitschnitt, der in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk entstanden ist.
Aus dem längst ein wenig verzopften und zur Unterhaltungsmusik verkommenen, nichtsdestotrotz aber guten alten Jazz so etwas wie „zeitgenössische Musik“ zu machen, das ist Hornsteins künstlerisches Anliegen. Als Musiker ist er weniger Performer denn versponnener und feinsinniger Träumer: Wer ihn jemals live gehört hat, der weiß, dass er der Meister ebenso minimalistischer wie weitläufiger Improvisationen ist. Ausgangspunkt für die aktuelle Aufnahme sind zehn bekannte Standards von „Besame Mucho“ und „Summertime“ über „Pink Panther“, „Fly me to the Moon“, „Round about Midnight“ und „Take Five“ bis hin zu „In a Sentimental Mood“. Hornstein breitet sie auf einem sachte groovenden, loungigen Klangteppich aus, greift hier ein kleines Melodiegespinst heraus und lässt es leise durch den Raum schweben, dort spielt er mit Rhythmusfragmenten, jongliert lässig mit kleinen Sound-Mosaiksteinen, entfernt sich weit, sehr weit, lässt Vieles, lässt Wesentliches weg, um es an anderer Stelle ganz überraschend wieder hervorzuzaubern – er ist ein musikalischer Taschenspieler, ein Gaukler, der sich über alle Konventionen, auch über Chronologien und Tempi hinwegsetzt. Die drei Musiker folgen ihm dabei nicht minder virtuos und nicht minder fantasievoll auf seinen verschlungenen Wegen durch wundersam verfremdeten, luftig leichten Latin-Sound, durch ein herrlich komisches Pink-Panther-Puzzle und durch ein sich aufreizend räkelndes „Take Five“. Dabei ist es insbesondere Walter Bittner, der aus einem elektronischen Schatzkästchen Grooves und Loops, vor allem aber loungiges Gefrickel und Gezappel herauszaubert. Es klingt ein bisschen nach Großstadt und Barmusik spätnachts, aber auch ein bisschen nach „Café del Mar“ und Chillen in einer Sommernacht – es ist Musik, die humorvoll ist, ohne seicht zu sein und bauchig, ohne grell zu sein. Man kann sie mit geschlossen Augen auf dem Sofa hören oder als leisen Background bei guten Gesprächen, man kann sie aber auch sehr laut hören und vielleicht sogar dazu tanzen. Man kann sie beim Autofahren hören, aber auch beim Abendessen mit Kerzenlicht. Und man sollte sie unbedingt unter dem Weihnachtsbaum hören, denn sie schützt garantiert vor schlechter Laune durch zuviel süßlichen Glühweinduft.
Katja Sebald im Münchner Merkur 12/2009
CD Westend 2006
„Eine ganz andere musikalische Richtung schlägt Hornstein auf seiner CD „Westend“ ein: Zwischen Ambient und Jazzangesiedelt, ist ein klanglich dichtes, hinreißend melodisches Album zum perfekten Chill-Out entstanden. Das Altsax entwickelt vor dem Hintergrund von Bockius‘ Bassspiel und elektronischer Samples geradezu hypnotische Klänge. In die Kompositionen sind Hornsteins vielseitige musikalische Erfahrungen eingeflossen: Blues und Cool-Jazz, Ausflüge in die Welten von Trip-Hop und Drum And Bass. Im Auftrag des Goethe-Instituts war Hornstein unter anderem in Südeuropa, Georgien und Mexiko unterwegs – auf „Westend“ sind am klarsten die Eindrücke seiner Professur in Bogota zu hören: In Titeln wie „Calle 19“ und „Futuro Pasado“ interpretiert er traditionelle lateinamerikanische Rhythmen neu. Die Samples reichen von Percussion und E-Piano-Klängen, über Motor- und Straßengeräuschen bis zu rhythmischen Blubbern und langgezogenen Tönen, die an Walgesänge erinnern. Doch die Elektronik wirkt nie effekthascherisch, bewusst sparsam eingesetzt steht sie stets im Dienste einer herausragenden Musikalität.“
Armin Gruene, SZ 04/2006
CD Draught 2005
„…Michael Hornstein am Alt ist ein Wunder. Offensichtlich hat er Saxophonisten wie Sonny Simmons und Anthony Braxton gehört, und die ganze Geschichte seines Instruments absorbiert. Seine Sensibilität ist fast wie Jonny Hodges durch Eric Dolphy kanalisiert…“
Online Review Amazon
CD Danza Mestiza 2003
„Was für eine erfrischende und außergewöhnliche CD, kolumbianische Rhythmen in einem Jazzformat gespielt, Bassist Juan Carlos Padilla und Michael Hornstei bilden ein perfektes Team, das Sahnehäubchen bildet der Percussionist Luis Pacheco.“
Fiesta Jazz Australia 2005
CD Jazz On Mars 2001
„Irgendwann wollen sie es alle einmal wissen: Nur mit sich alleine auf der Bühne der Interaktion mit dem Publikum ausgesetzt, die Isolation im Studio, um nur die ureigene Schaffenskraft auf den Tonträger zu bannen, der dann die Herausforderungen des Marktes zu bestehen hat. Die Live-Aufnahme birgt eine hochinteressante Auseinandersetzung: Ausgehend von der Wahrnehmung, dass keine Stille auf der Welt ist, es keine absolut stillen Orte gibt, setzt sich Michael Hornstein mit Hilfe seines Instrumentes mit dem Raum auseinander, gibt call and response auf die Stille oder Nicht-Stille des Konzertraumes, oder auch auf vorproduzierte virtuelle Klangräume aus dem Computer.
Michael Hornstein muss zweifelsohne als Prototypus des complete saxophonist gelten, der über das gesamte Ausdrucksspektrum des Altsaxophonsvon meditativer Klangaskese bis zu archaischer expressiver Sinnlichkeit, von zarter Koloratur bis zu Parker´schem Schmerz, verfügt. Damit bekommt die Auseinandersetzung mit der Gewalt des Raumes Sinn, wird nachhörbar auf der ungeschminkten, fast rohen Live-Einspielung von Jazz On Mars. Mit diesem Schritt vom intensiven Ensemblespiel, das ja bislang eine der Stärken von Michael Hornstein war, hin zum Solospiel beweist er nur Konsequenz: „The longer I make music, the more important silence becomes to me.“
Jörg Meilicke, Jazzthetik
CD Innocent Green 1996
„… Hornstein zeigt souverän, wie er seinen satten Ton zum Swingen bringt…“ Peter Bölke, Der Spiegel
„Eine Platte die man tagelang mit wachsendem Vergnügen immer wieder hört… Di Gioia und Hornstein als kongeniale Partner von Gary Peacock, Billy Hart und Bob Dorough…“
Roland Spiegel, AZ
„Was besonders überzeugt ist Hornsteins völlig eigener Stil… mit der CD Langsames Blau, gelang ihm schon ein charakteristisches Klangwerk aber diese Platte reiht Hornstein unter Jazzmusikern endgültig ganz oben ein… Hornstein bringt Individualität ohne lange Ideologietiraden von selbst mit. Seine europäischen Wurzeln fahren in der Erde der Neuen Welt fruchtbare Ernte ein…“
Matthias Held, Jazzthing
„So locker swingend Innocent Green vom ersten Augenblick an auftritt, so ist es doch das luzide Spiel, die immer wieder variierten Instrumentenkombinationen in Soli, Duos, Trios in ihren Klangfarblichkeiten und Reibungsmomenten, die den eigentlichen Reiz von Innocent Green ausmachen… ein Quartett wie aus einem Guß… Hornstein verfügt über eine eigenständige Altsaxophonstimme, mit schlankem aber konturiertem Umfang, ein wunderbarer Beleg für die Kunst des Brückenschlagens“
Jörg Meilicke, Jazzthetik
„… Hornstein steht mit seinem starkem Bluesfeeling eine große Zukunft bevor…“
Matthias Kisch, WOM Journal
„… Die Platte macht einfach Spaß, phantastische Rhythmusgruppe… wirklich hörenswerte Musik…“
Mathias Bäumel, Dresdner Zeitung
„… Sorgsam komponiert und dramatisch rund und humorvoll interpretiert…“
Ralf Dombrowski, SZ
CD Dry Red 1995
„Zwei Musiker, zwei Instrumente, zwei ganz eigenständige Stimmen, eine gemeinsame Sprache und doch ein ganzer Kosmos von Klängen, Empfindungen, Spannungen… Unbedingt empfehlenswert.“
Godehard Lutz, Jazzpodium
„…Mit professioneller Gelassenheit lassen sich Piano und Altosax Zeit für ausgedehnte Zwiegepräche, für Kommunikation und schaffen Freiraum für die Phantasien des Hörers…“
Ralf Dombrowski, SZ
CD Langsames Blau 1993
„Dieses Album ist schlicht ein Ereignis. Ein Trio manifestiert sich als ein polyvalenter Organismus mit unverwechselbarer Identität. Eine einmalige Kombination von Emanzipation der „Rhythmusgruppe“, europäischem Formwillen und schlafwandlerischem Aufeinander-eingespieltsein, die als Verpflichtung zu absoluter improvisatorischer Risikobereitschaft verstanden wird. Eine herrlich melodische Musik der Sonderklasse“
Thomas Fitterling, Jazzpodium
„Hornstein zeichnet einen Schattenriß der Jazzgeschichte: schlank, komprimiert und höchst anregend. So hat das Altsaxophon Zukunft“
Hans-Jürgen Schaal, Jazzthing